1
Nov
2006

Ein kleiner Zorn

Hai auch.
Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, diesen Block zu einer Art digitaler Posterwand in meinem gedanklichen Jugendzimmer zu machen mit Pferdepostern, meinem Lieblingsverein (RWE natürlich) und vielleicht einigen musikalischen Devotionalien. Unter der Woche jedoch begann meine Umwelt mit einer massiven Ablenkungsstrategie, der ich mich nicht entziehen konnte. Natürlich haben die Rot-Weißen ein trauriges Bild abgegeben, aber mein Unverständnis und mein Basiszorn sind dadurch nur sehr unwesentlich gesteigert worden.
Ich sage nur: Schröder. Ich erwähne nur das Wort: Memoiren. Na prächtig. Ich halte ihm sein nein zum Irak wirklich zu gute, auch wenn ich davon ausgehe, dass er in einer anderen Lage genausogut ja gesagt hätte, geht es doch immerhin um so etwas banales wie Machterhalt, aber auch das Schröderthema ist ja letztendlich eine Nebelbombe. Solange in den Medien Themen wie Haarefärben und Eiskunstlauf für Irre die Präsenz blockieren, kann die Politik wie gehabt sehr viel auf heimlich weil nicht wahrgenommen durchwinken. Ich möchte von meinem Kollegen Carl erzählen. Dabei ist nichts erfunden oder hinzugeschwindelt, so ist es passiert und Punkt.
Carl ist Anfang vierzig und hat aufgrund körperlicher Gebrechen seine Selbstständigkeit beerdigen müssen. Er hat sich weitestgehend kuriert und dann dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestellt. Über einen Kneipenkontakt ergab sich dann die Möglichkeit, für einen Sicherheitsdienst zu arbeiten. Damit erfüllte sich nun bestimmt kein Kindheitstraum, aber alles ist besser als Harz vier. Es folgte eine vierwöchige ( weil übertreiben wollen wir es ja nicht) Ausbildung, in der das Erkennen von Sprengstoffen und anderen verbotenen Dingen beim Durchleuchten des Gepäcks trainiert wurde. Natürlich wurden auch die relevanten rechtlichen Vorschriften an die Hand gegeben und schon ging es an die Arbeit.
An dieser Stelle muß erwähnt werden, das genau diese Arbeit aufgrund ihrer Wichtigkeit für den Flugverkehr bis vor wenigen Jahren von gut bezahlten BGS-Mitarbeitern erledigt wurde, im Zuge der Sparmassnahmen dann outgesourced wurde und nun eben von Carl und seinen Kollegen durchgeführt wird. Die Kollegen stehen jetzt acht Stunden am Tag als Team an den Durchleuchtungsstrassen und geben alles für die Sicherheit des Flugverkehrs. Selbstverständlich hat der BGS immer noch die Hoheit über das Verfahren und kontrolliert die Carls. Das heißt ganz konkret, dass alle paar Tage ein Mitarbeiter des Grenzschutzes sich den falschen Bart anklebt und inkognito versucht, Sprengstoffe, Zünder oder andere verdächtige Bauteile im Gepäck durchzuschmuggeln. Na klar, Qualitätskontrolle muss sein. Wird das Teil entdeckt, alles fein, business as usual. Wird es jedoch übersehen, werden die nächsten Wochen für den Mitarbeiter etwas karg. Dann gibt es nämlich sofort unbezahlten Urlaub für zwei Wochen. Passiert das zum zweiten Mal heißt es du bist raus und zwar sofort. Und zwar aus dem Betrieb. Das ist die Esse des Lebens, in der neue Mitarbeiter geschmiedet werden, Hochmotivierte Leute, die versuchen sich eine neue Chance im Leben zu erarbeiten und dafür vieles auf sich nehmen. Sie machen geteilte Dienste ( vier Stunden am Vormittag und vier am Abend), akzeptieren einen winzigen Sozialraum für hunderte von Mitarbeitern; nehmen hin, dass der Dienstplan erst zwei Tage vor Schichtbeginn erstellt wird. Sie halten das Maul beim Thema Gewerkschaft, denn sobald ein Mitarbeiter das böse G-Wort nur denkt, wird er entlassen. Sie akzeptieren Löhne, die nach bezahlten Fahrtkosten über den Monat nur wenig mehr übrig lassen als neunhundert Euro.
Das ist ein, wie ich finde recht deprimierender Job. Mich deprimiert daran natürlich, das Carl (ein wirklich guter Freund) sich derartig für ein paar Kröten strecken muss.
Wenn ich mir allerdings überlege, dass unsere Politik dafür die Rahmenbedingungen geschaffen hat und dieses Unternehmen (Das sicherlich nur beispielhaft für viele steht), mitten im Ruhrgebiet, der Wiege des deutschen Sozialismus, beheimatet ist, kann ich nur noch meinen Hammer auspacken.
Na klar, Mr Haarfarbe 2004 hat nein zum Irak gesagt, ganz wunderbar.
Aber er hat eben auch aktiv die Vorraussetzungen für eine Geschichte wie die obige mitgestaltet.
So und jetzt reicht es mir. Wie bei Wilhelm Busch ziehe ich jetzt meine rotglühende Zange aus der Esse, die für guten Halt mit den kurzen, festen Backen und den langen Griffen. Und damit ziehe ich ihn am Ohr auf meinen Amboss und dann mit dem Neunpfünder immer locker aus der Schulter auf Arsch und Gewissen. Bis zumindest ein paar graue Haare auftauchen. Für Carl, der jetzt übrigens wieder Arbeitslos ist. Und der Nächste, der die Biografie kaufen will sei an die frisch geschürte Glut in meiner Werkstatt erinnert.

31
Okt
2006

Hai

Der Jan ist auch dabei Dies ist mein erster Abend im Blockzimmer. Ich wünsche mir viel Spaß.
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